Rüdinger fährt auf Lang-Lkw ab
Infoveranstaltung bei Krautheimer Spediteur gewährt tiefe Brancheneinblicke
Für 60 Kunden, Lieferanten, Gemeinderäte und Journalisten hat Roland Rüdinger am Donnerstag ein Feuerwerk der Fakten rund um den Lang-Lkw abgebrannt. Der Krautheimer Spediteur will den Sammel-Hub bei Fulda mit einem 25 Meter langen 40-Tonner anfahren.
„Von den eingesparten Kosten von 320.000 Euro, der seit Beginn des Feldversuchs der Bundesregierung 2012 möglich gewesen wäre, hätte der Gemeinderat 45.000 Euro mehr Gewerbesteuer von mir eingenommen,“ sagt Rüdinger. Es gehe nicht darum, dass er mehr verdiene, das verhindere allein schon der Wettbewerb. Es gehe darum, das knappe Gut Straße effizienter zu nutzen.
Und weil ein Lang-Lkw bei zehn Prozent höherem Verbrauch 50 Prozent mehr Ladevolumen hat, spare diese Modellvariante ein Drittel an Lkw-Aufkommen. Mehr noch, weil der Lang-Lkw je nach Variante sieben oder acht Achsen umfasst statt der üblichen fünf, verteilt sich das Gewicht des 40-Tonners straßenschonender. Auch Brücken profitierten davon, weil sich die Belastung auf 25 statt auf 18,5 Meter verteilt.
Was Rüdinger ärgert: Alle CDU-regierten Bundesländer machen an dem Modellversuch mit, was Firmen in SPD- oder Grün-geführten Ländern benachteilige und die Trassen für die Lang-Lkw begrenze. So kenne er Kollegen, die an der bayerischen Landesgrenze umladen, „weil sich der effizientere Transport selbst dann noch rentiert.“ Die Praxis zeige, dass es keine technischen, sondern nur ideologische Probleme gebe. Denn mit lenkbaren Hinterachsen kommt der Lang-Lkw ebenso durch jeden Kreisverkehr wie etwa ein überlanger Linienbus.
Seinen von den Fakten beeindruckten Zuhörern erläuterte der Verkehrsexperte im Beisein des FDP-Landtagsabgeordneten Jochen Haußmann, das Wort „Giga-Liner“ habe sich stets auf 60-Tonner bezogen, die in Skandinavien, Holland oder Belgien fahren. Der Begriff sei 2004 nach Deutschland gekommen als es Überlegungen gab, diese Fahrzeuge auch hier zuzulassen. An der Tragfähigkeit vieler Brücken sei dies gescheitert, weshalb man das Gewicht bei 40 Tonnen belassen habe, aber Erfahrung mit den 25 Meter langen Gespannen sammeln wollte. Seither differenzierten Fachleute in Lang- oder Öko-Lkws. Wenn also Landesverkehrsminister Winfried Hermann weiter von Giga-Linern spreche, zeuge dies von Unkenntnis oder Vorsatz.
Gegen 19 Uhr brach die bunte Besuchergruppe, ausgestattet mit Empfängern, auf in Rüdingers Umschlagshallen, wo der Chef ihnen mit Headset-Mikro zeigen konnte, weshalb die 40-Tonner in der Regel nur mit acht bis zwölf Tonnen Gewicht beladen sind: Das Volumen der Fahrzeuge, die kommissionierte Bücher und konfektioniertes Saatgut, Wohnwagenfenster, Ventilatoren, Hydraulikzylinder, Markisen oder pallettiertes Leergut speditieren, ist damit erschöpft.
In Summe eigne sich der Lang-Lkw deshalb nur für sechs bis zehn Prozent des gesamten Ladevolumens, weil genügend geeignete Ware für denselben Zielort zur selben Zeit gefunden werden müsse. Bei Rüdinger betrifft dies von 150 Lkw in der Flotte gerade mal die drei 40-Tonner, die jede Nacht den 198 Kilometer entfernten Sammel-Hub bei Fulda anfahren, den bundesweit 150 Lkw täglich bedienen. Zwischen drei und fünf Uhr kehren die Fahrzeuge zurück, die dann Sendungen für Kunden aus dem Raum Schweinfurt bis Sinsheim dabei haben. Diese werden mit anderer Ware zu neuen Fahrten in die einzelnen Postleitzahlenräume zusammengestellt, die Lkw unterschiedlichster Größe ausfahren.
Bei Schnitzelwecken und Softgetränken diskutierten die Besucher nach zwei Stunden engagiert die gehörten Fakten, die tiefe Einblicke in Logistik, Technik, Betriebswirtschaft, Mindestlohn und Verkehrspolitik gewährt hatten. Rüdinger hatte den bundesweiten „Tag der Logistik“ für die Info-Veranstaltung gewählt, um die Aufbruchstimmung in Baden-Württemberg zu nutzen.
Denn vor sechs Monaten hatte Lkw-Hersteller Daimler das Land darum gebeten, eine Autobahnstrecke auszuweisen, auf der Testfahrten mit Autopiloten zulässig sei. In dem Gespräch mit Hermann ging es auch um Zulassung der Lang-Lkw. Nachdem Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sich in die Diskussion eingeschaltet hatte, forderte das Verkehrsministerium die Unternehmer auf, Trassen anzumelden. Rüdinger bewarb sich um die Strecke Boxberg-Fulda, hat aber seither vom Ministerium nichts mehr gehört. www.ruedinger.de
Event: Effizienzsteigerung = optimierte Umweltverträglichkeit im Güterverkehr mit Hilfe des Lang-LKW